28. April 2016, Bruck, Österreich
Über die Nordalpen und erste Pässe
Jakob & Ernest:
„Cologne – Vietnam“. Wir hätten nie gedacht, dass uns dieses hinten am Fahrrad angebrachte „Nummernschild“ so viel bringen würde. Auf unserer ersten Etappe in Österreich mit Start in Kufstein dehnten wir unsere Muskeln wie jeden Tag nach den ersten Kilometern an einer Raststätte, um Muskelkater und Gelenkproblemen vorzubeugen. Plötzlich hielt neben uns ein Auto mit einer jungen Frau. Sie sei auf das Schild aufmerksam geworden und hat bei der nächsten Möglichkeit gewendet. Sie hat sich, was wir im Nachhinein erzählt bekommen haben, ausgemalt, dass eines Tages Ihr Sohn ebenfalls so eine Tour machen würde und sie sich freuen würde, wenn es Menschen gäbe, die ihn aufnehmen für eine Nacht. So ergab es sich dann, dass wir einen wundervollen Abend mit interessanten Menschen erlebten, leckeres Essen und einen warmen Schlafplatz bekamen. Unser Glück war uns an diesem Tag aber ein zweites Mal begegnet. Ein Kölner, der ebenfalls dieses Schild gesehen hatte und auf Geschäftsreise zu seinen Hotels unterwegs war, hielt an und bot uns für jene Nacht ein kostenfreies Zimmer in seinem Luxushotel an – aus Liebe zu seinen Heimatgenossen und aus Respekt für unser Projekt.
Am nächsten Morgen wurden wir mütterlich umsorgt mit Broten, Reisesegen und mit einer zusätzlichen finanziellen Unterstützung. So aufgemuntert wagten wir uns an unsere erste Passüberquerung. Da das Wetter in den letzten Tagen des April mit einer Winterfront über Österreich herzog, waren wir schnell von schneebedeckten Tannen und Bergen umgeben. Nach einem eineinhalb stündigen Anstieg erreichten wir stolz unseren ersten kleinen Pass mit 1.275 Metern. Die Fotosession fiel kurz aus, da uns bei 1 Grad plus das verschwitze Hemd ganz gut schlottern lies.
Gegen Ende des Tages erreichten wir die Pforte der Großglocknerstraße. Das Befahren oder Nichtbefahren dieser hochalpinen Straße war in den letzten Tagen oft Thema gewesen. Im Internet war die Passeröffnung 2016 für den 29. April vorgesehen. Wir hatten ein Schönwetterfenster von zwei Tagen, was uns theoretisch genau über den Pass bringen konnte. Voller Vorfreude und Elan fragten wir einen Mann in dem letzten Dorf nach dem Pass und einer Schlafmöglichkeit. Die Antwort kam wie ein Knall und ließ uns richtig traurig werden. Es gab über einen halben Meter Neuschnee, und die Eröffnung musste auf den neuen Monat verschoben werden.
Die maßlose Enttäuschung über das Auslassen dieses wunderschönen, aber auch sehr anstrengenden Passes war uns doch deutlich anzumerken. Der nette Mann kam einige Minuten später wieder zu uns mit einem 50ziger in der Hand und sagte, dass es Ihm sehr leid tue, er aber mit dem Geld uns ein tröstliches Abendessen spendieren wollte.
Das Vertrauen in unser Glück und in unseren Optimismus wich aber nicht von uns. Auf der Rückreise ins Tal fuhren wir unseren 1000sten Kilometer. Die Freude war wieder da und wir jubelten und schrien das ganze Tal voll. Vielleicht hätte Ernest nicht so sehr seinen Gefühlen freien Lauf lassen sollen, denn als ich mich nach einem stumpfen Knall umdrehte, lag Ernests vordere linke Tasche auf der Straße, und ein Straßenmarkierungspfeiler war leicht beschädigt. Das Produkt, das nach der improvisierten neuen Aufhängungen der Tasche entstand, ließ sich sehen.
Nach diesem ersten Rückschlag haben wir keine andere Wahl außer weiter nach vorne zu gucken und den Traum unseres Lebens zu verwirklichen.
Die Alpen sind traumhaft schön, jedoch mit 35 Kg Gepäck hart zu erklimmen. Wir freuen uns schon auf wärmere Gegenden.
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