Reiseberichte

Georgien   20. August 2016, Tiflis, Georgien
Türkei: Militärputsch / Bayburt D915

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Jakob & Ernest:

Militärputsch

Am 15ten Juli gab es in der Türkei einen Militärputsch, wie alle von Euch bestimmt mitbekommen haben. Das Ziel war es, Erdogan zu stürzen und die Kontrolle über das Land dem Militär zu überlassen. Zum Glück war dieser Putsch nicht erfolgreich, da sonst ein eventueller Bürgerkrieg aus der Situation resultiert hätte.

Wir haben auf unserer Reise einen deutlichen Unterschied im Land nach dem Putsch festgestellt. Überall waren große türkische Fahnen zu sehen, auf den Autos, aus den Fenstern, überall. Die Leute sprachen nur über dieses eine Thema und die Medien berichteten non-stop.

In der Nacht des Putschversuches sendete Erdogan über eine Reporterin via Viber eine Botschaft an das Volk und rief die Menschen auf, die großen Plätze und Straßen zu besetzten, sodass das Militär überall im Land gestoppt werden konnte.

In allen Städten und größeren Dörfern der Türkei sammelten sich hunderte bis tausende Menschen auf den Plätzen und feierten ausgelassen den Sieg über das Militär. Erdogan- und Atatürk-Fahnen, so groß wie Tennisplätze, schmückten die Städte der Türkei. Auf großen Screens wurden Film- und Fotoaufnahmen aus alter Zeit gezeigt, Musik wurde gespielt und Leute mit Mikrophonen haben die Massen aufgeheizt. Es wurden traditionelle und Erdogan-Lieder gesungen.

Wenn wir bei Menschen zu Gast waren oder wir auf der Straße in verschiedene Gespräche kamen, fanden wir immer Menschen, die entweder gegen oder für Erdogan waren. Das Land ist geteilt, was diese Frage angeht. Wir denken aber, dass nach dem Putsch Erdogan viele Stimmen für sich gewinnen konnte.

Die Leute feierten tagelang, sogar mit Freudenschüssen, die ausnahmsweise von der Polizei erlaubt waren. Aus den Autos, während sie hupten, wurde ebenfalls geschossen.

Dieser ganze Konflikt hat aber nicht unser Abenteuer beeinflusst. Wir konnten ruhig weiterfahren, ohne dass wir uns unsicher gefühlt haben.

Bayburt D915

Zufälligerweise hörten wir von einer sehr interessanten Straße, die laut Internet die gefährlichste Straße der Welt sein soll. Es ist die D915, welche Of (an der Schwarzmeerküste) mit Bayburt verbindet.

Als Abenteurer kam uns diese Straße nicht mehr aus dem Sinn und wurde von Tag zu Tag attraktiver. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht entschieden wir das Wagnis einzugehen.

Manche Türken haben uns vor der D915 gewarnt. Da wir in die Gegend vorgestoßen sind, in der die Aktivität der PKK höher ist, wurde uns von Militärkontrollen erzählt und das wir uns vor Bären und Wölfen in Acht nehmen sollten.

Von Meereshöhe aus starteten wir und folgten einer vorläufig guten, asphaltierten Straße hinauf in die Berge. Der Anstieg war unglaublich hart. Am ersten Tag stiegen wir bis auf 1800 Meter. Als wir die 1000 Meter Marke überschritten, herrschte dichter Nebel um uns herum und es regnete zu guter Letzt auch noch, was den ohnehin schon matschigen Weg in ein Desaster verwandelte. Keine 10 Meter betrug die Sicht dort oben. Gegen Nachmittag kamen wir in einem kleinen Dorf an, in dem wir unsere Zelte aufschlagen wollten. Plötzlich erschien eine alte Frau aus dem Nebel und bot uns die hiesige Moschee zum Schlafen an. Ein warmer Teppichboden und ein alter Kamin brachten schnell eine gemütliche Stimmung in den Raum und wir trockneten unsere Kleider. Gegen Abend erschien jedoch ein anderer Mann und verjagte uns aus der Moschee. Wir fanden Unterschlupf in der kalten Garage unter der Moschee.

Am darauffolgenden Tag quälten wir uns, immer noch durch Nebel, auf den 2400m hohen Pass hinauf. Während der Abfahrt auf grobsteiniger Piste schütteten wir unter spektakulären Aussichten jede Menge Adrenalin aus und vergaßen schnell die Mühen des Aufstiegs.

Unten angekommen sollte nun der berühmte Anstieg der D915 beginnen. Doch wie damals bei der Großglocknerstraße in Österreich machte sich große Enttäuschung breit, als wir hörten, dass dieser Abschnitt aufgrund eines Erdrutsches gesperrt war. Die Suche nach Alternativen ging los. Die kurz darauf gefundene Alternative enttäuschte uns zum Glück ganz und gar nicht. Wir stiegen wieder auf über 2400m hoch, und das auf einer Straße, die natürlich nicht asphaltiert und sehr eng war. Rechts von uns befand sich die Felswand und links ging es hunderte Meter nach unten ins Tal. Die Spannung stieg noch weiter an, als wir Bärentatzenabdrücke im Schlamm der Straße entdeckten. Zugegebenermaßen gingen wir ab diesem Zeitpunkt ein wirkliches Risiko ein. Die Bedingungen waren nicht gut. Der Nebel bot uns eine minimale Sicht. Camp-Möglichkeiten waren nicht vorhanden und dazu schwanden unsere Kräfte, da wir uns am Ende des Tages befanden. Zu unserem Glück entdeckten wir oberhalb unseres Weges einen recht steilen aber möglichen Zeltplatz. In dieser Nacht schliefen wir nicht schlecht, aber dafür schief.

Am nächsten Morgen, als die nasse Zeltwand zurückgeschlagen wurde, bot sich uns ein fantastisches Panorama. Der Tag wurde sehr sonnig und bei dieser letzten Passüberquerung wurden wir mit tollen Blicken auf diese wunderschöne, wilde Landschaft entlohnt.

Nach wenigen Tagen mussten wir gezwungener Maßen eine längere Pause in Artvin machen, da wir durch eine Lebensmittelvergiftung völlig außer Gefecht waren. Gut erholt erwartete uns auf unseren letzten Kilometern in der Türkei unser bisher höchster Pass mit 2470 Metern.

In Georgien hatten wir einen enormen Tapetenwechsel in Bezug auf vielerlei Themen. Aber lies dazu mehr in unserem nächsten Bericht.

 i20160820-01 i20160820-02Gastfamilie in Tirabolu^ Gastfamilie in Tirabolu ^
 i20160820-04 i20160820-05 i20160820-06 i20160820-07 i20160820-08 i20160820-09Es geht weiter auf der D915^ Es geht weiter auf der D915 ^
 i20160820-11 i20160820-12 i20160820-13 i20160820-14Zweiter Pass geschafft^ Zweiter Pass geschafft ^
 i20160820-16 i20160820-17 i20160820-18 i20160820-19 i20160820-20 i20160820-21Willkommen in Georgien!^ Willkommen in Georgien! ^




Kommentare zu diesem Bericht:

Burkhard Rühl schreibt:

20. August 2016, 21:29

Ihr zeigt Bilder, die ich gerne selber ersehen, erradeln würde. Ich freue mich für euch, dass ihr dieses Abenteuer erlebt. Es ist wunderschön, Grenzen zu überschreiten und dabei die Erfahrung zu machen, dass man sich mit den verschiedensten Menschen verbunden fühlt. Staaten, Nationen, Völker, das Verbindende bei allem Trennenden ist die Sehnsucht nach Frieden und Freundschaft.

Fritz Steinkuhl schreibt:

22. August 2016, 17:38

Ja, Burkhard, genau auch mein Empfinden!
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Wie schön, dass Du so mit den Jungs unterwegs bist!

ph4info schreibt:

31. August 2016, 18:30

Hey paps:) deine sms erreichen mich nicjht;) hab das mit gereon abgeklärt! Pennen heute bei einer armenisches family! Sind in vanadzor 70km:) ..liebe grüße:)

Martin Heilscher schreibt:

31. August 2016, 18:52

Hi Ihr 2 Tapferen. Morgen werden wir zu unserer kleinen Tour aufbrechen. Wir wollen an Eueren Start nach Köln. Ist zwar nur ein Klacks, im Vergleich, die 450km und immer dem Fluß abwärts folgend (Tauber/Main/Rein). Doch für meine Kids ist es die erste Tour, mit Campen usw. Auch das habt Ihr bei uns geweckt. Im Geiste seit mit dabei. LG aus Rothenburg




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