Reiseberichte

Türkei   13. Juli 2016, Amasra, Türkei
Tschau a nie / Lebens-Werte

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Bericht über Don Bosco, Istanbul

Jakob:

Tschau a Nie

Dieser von mir lautmalerisch aufgeschriebene kurdische Satz bedeutet „Wie geht es dir?“ Die Antwort lautet „Beshem“ (Mir geht es gut!). Aus meinen Erfahrungen in Timor habe ich gelernt, dass das Lernen einer fremden Sprache den perfekten Zugang zu der Kultur dieser Sprache ermöglicht.

Die Kinder und Jugendlichen, mit denen wir Kontakt hatten in den letzten 3 Wochen, waren verfolgte Christen aus dem Irak. Unter der Woche spielten wir mit Kindern zwischen 5 und 14 Jahren für 3 bis 4 Stunden pro Tag.

Nach anfänglichem, schüchternem Händeschütteln mit weggedrehtem Kopf fielen wir uns schon nach wenigen Minuten, wenn die eigene Fußballmannschaft so eben ein Tor erzielt hatte, siegessicher in die Arme.

Der Kontakt wurde durch das gemeinsame Spielen sehr schnell enger und vertrauter. Wenn wir uns zwischendurch komplett durchgeschwitzt eine Pause gönnten, konnten wir in Ruhe den Kindern beim Spielen zu gucken. Don Bosco hat einmal gesagt: „ Guck dir ein Kind beim Spielen und beim Essen an, und du weißt, wie es ist.“ Im Irak herrscht Krieg seit 2003. Das heißt, dass ein Großteil dieser vor mir spielenden Kinder im Krieg aufgewachsen ist. Wenn sie in gebrochenem Englisch die Flugzeuge simulieren, die tief geflogen kommen und Bomben abwerfen, folgt ein verhaltenes Lachen. Sie sagten, es war normal, wenn sie einen Toten auf der Straße sahen.

Einen kurzen Augenblick später rennt dasselbe Kind auf einen heranrollenden Basketball zu, und plötzlich existiert nur noch der Ball, der Korb und das Spiel. Das Kind darf hier bei Don Bosco im Oratorium Kind sein.

Es ist immer wieder erstaunlich, wie Kinder schlimme Erfahrungen bewältigen. Die Methode der Salesianer ist das Spiel. Aufgestaute Energie, Ärger oder Frust über die Situation, in einem Land zu sein, in dem man nicht zu Hause ist und ohne Freunde, wird beim Spielen in positive Energie umgewandelt.

Die kurze, doch unglaublich intensive Zeit bei den Salesianern in Istanbul hat uns sehr nachdenklich werden lassen. Wir können so glücklich sein, in einem Land groß geworden zu sein, indem wir zur Schule gehen konnten, ohne auf dem Weg von einer Bombe getötet zu werden. Wir konnten in der Schule ohne Angst sagen, dass wir Messdiener und Christen sind, ohne von den Klassenkameraden dafür diskriminiert oder geschlagen zu werden. Wir durften uns aussuchen, was wir werden wollten, konnten unsere Ausbildung vollenden, ohne dass unsere Universität oder Schule eines Morgens in ein Militärcamp umgewandelt wurde ohne zerbombt war.

Die Freiheit, in der wir leben, ist das höchste Gut, dass es gibt. Das habe ich wieder einmal erschütternd feststellen müssen.

Ernest:

Lebens-Werte

Nun ist unsere erste Mitarbeit im Projekt der Salesianer Don Boscos in Istanbul schon zu Ende. Was für Wochen!

Als ich am 10. April diese Reise antrat, kannte ich natürlich schon Don Bosco und die Arbeit, die sie weltweit leisten. Aber ich kannte noch nicht diesen besonderen Geist, den man erfährt, wenn man selbst, persönlich, die Arbeitsweise von Bon Bosco erlebt. Die letzten drei Wochen haben unserem Projekt viel Sinn gegeben, noch viel mehr als es schon hatte. Darum bin ich sehr glücklich und sehr motiviert, da ich weiß, dass wir für eine Organisation mit solchen Eigenschaften radeln.

An den Wochenenden haben wir uns mit einer Gruppe von 60 bis 70 Flüchtlingen aus dem Irak getroffen, die jetzt in der Türkei leben und darauf warten, ein ersehntes Visum für Australien, für die Vereinigten Staaten, für Kanada oder Europa zu erhalten. Mit ihnen haben wir sehr tiefe und persönliche Gespräche gehabt, in denen sie uns von ihren Erlebnissen im Krieg erzählten. Die beiden Hauptmotive, ihre Heimat zu verlassen, waren die ständige, große Gefahr durch die Angriffe auf ihre Städte, aber auch die brutale Verfolgung, die die Christen im mittleren Orient erleiden.

Als wir den ersten Tag zum „Oratorio“ gingen, einem von Don Bosco geschaffenen Raum, der diesen Jugendlichen die Möglichkeit gibt, einige Stunden zusammen zu leben, in Kameradschaft, mit Sport und einem gemeinsamen Ort für die Gebete, da hatte ich mir nicht vorgestellt, einen so besonderen Ort zu finden. Wenn wir klein sind, lehren uns unsere Eltern Werte für das Leben, um als Person zu wachsen, und die in jeglichen Umständen nötig sind. Also, ich kann ausdrücklich sagen, dass dieser Raum, und Don Bosco überhaupt, außer der Arbeit, die sie leisten, auch eine Schule für das Leben ist, wo sie die schon größten Werte lehren und verstärken: den Respekt, das Teilen, das sich um den andern kümmern, die Demut, die Erziehung, die Gastfreundschaft, die Großzügigkeit, …

“Don Bosco hat mich wieder zum Lächeln gebracht“. Mit diesem Satz hat uns ein Junge geantwortet, den wir nach seiner Meinung über diese Organisation fragten. Dieser Satz hat mir am besten gefallen, aber ich versichere Euch, dass die Antworten, die wir auf unsere Frage nach Don Bosco erhielten, uns stolz machen, seinen Namen auf unserer Brust geschrieben, durch die Welt zu tragen.

Dank dieser drei Wochen bestätigt sich in mir ein Gedanke, den ich immer gehabt habe: das Gute ist stärker als das Böse. Und ich glaube weiter daran. Wenn ich von Organisationen wie dieser reden höre, fallen Worte wie „Freundschaft“, „Liebe“, „Teilen“, „Glücklich sein“, … Und wenn dagegen vom IS die Rede ist, sind die dominierenden Worte „töten“, „hassen“, „zerstören“, … Gesetzt den Fall, wir würden ein dreijähriges Kind, dass nichts weiß vom Leben und den Religionen, fragen, was es vorzieht, so wissen wir alle, was es uns antworten würde.

Heute sind wir wieder auf der Landstraße unterwegs. Und auch wenn es der erste Tag ist, hat uns das Gelände nicht geschont und hat uns ordentlich schwitzen lassen, bei mehr als 30 Grad Hitze und Steigungen, eine nach der anderen, von 10 bis 15%. Dennoch sind wir weiter hoch motiviert und haben Lust, neue Wirklichkeiten zu entdecken.

Ich möchte von ganzem Herzen Bruder Jacky danken und auch allen Salesianern von Istanbul, für die unvergesslichen Wochen, die sie uns beschert haben!

{Übersetzung aus dem Katalanischen: Ursula}

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Kommentare zu diesem Bericht:

Christoph Reuter schreibt:

13. Juli 2016, 22:22

Hallo Jakob und Ernest.
Ihr beide seid einmalig. Ich finde es großartig was ihr mit den Kindern unternommen habt. Ich bin unglaublich stolz auf euch. Es ist mir eine Ehre euch zu kennen. Macht weiter so.
Christoph

Burkhard schreibt:

14. Juli 2016, 19:41

Bei allem Respekt vor eurer Liebe zu Verfolgten: Bitte, lehrt niemanden DEMUT.
Ich bin weder für Demut noch für Hochmut, sondern ganz einfach für MUT! Demut dient immer nur den Herrschenden. Hochmut kommt immer vor dem Fall, aber Mut ist etwas, das wir brauchen, um uns gegen Unterdrückung zur Wehr zu setzen.

Danke für euer soziales Engagement! Burkhard

Berit Weber schreibt:

15. Juli 2016, 14:09

Hallo Jakob, hola Ernest

Wem auch immer Ihr begegnet:
Lächelt ihn an.
Zeigt ihm Euer menschliches Gesicht.
Dalai Lama

Weiterhin viel Erfolg für dieses großartige Projekt
wünscht
Berit Weber

Heimgard und Ewald schreibt:

18. Juli 2016, 11:49

Lieber Jakob, lieber Ernest!
Wir haben mit Interesse euren Bericht von Don Bosco in Istanbul gelesen. Wenn man nun täglich hört, wie instabil auch die Lage in der Türkei werden könnte, ist es besonders wichtig, dass es Institutionen gibt, die sich um kriegsgeschädigte Kinder kümmert. Nur so kann es möglich werden, dass die nächste Generation Frieden, Gemeinschaft und Mitmenschlichkeit erlebt. Und euere Aktion hilft mit, dass man mehr Einblick bekommt,wie hilfreich die Arbeit von Don Bosco ist.Wir erzählen allen unseren Freunden von euch, dass wir euch persönlich kennenlernen durften und von eurem langen Weg, den ihr noch vor euch habt. Wir wünschen euch alles Liebe und Gute für euere weitere Fahrt, Passt auf euch auf!
Heimgard und Ewald




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